14. April 2017

Chancen der digitalen Zukunft

Unser Experten-Interview mit: Olaf Birkner, Start-up Gründer und IT Spezialist
Chancen der digitalen Zukunft für Unternehmen und Märkte

Olaf Birkner
Olaf Birkner
Olaf Birkner, Jahrgang 1969, Vater von zwei Söhnen, hat direkt nach dem BWL-Examen 1998 mit zwei Freunden in Kiel seine erste Internet-Firma, die Splendid Internet GmbH  gegründet. Nach zwei Jahren wurde diese Firma mit 24 Angestellten von der freenet AG übernommen. 2007 und 2010 gründete er zwei weitere IT-Firmen, die Cliplister GmbH und die Instore Audience GmbH und führte sie als Geschäftsführer.
Inzwischen arbeitet Birkner vorwiegend als selbstständiger Berater für den Mittelstand, vor allem bei der Klärung der Frage, welche bislang noch ungenutzten Möglichkeiten die Digitalisierung einem Unternehmen bietet, beispielsweise wie sich das Internet auf die Produkte und den Vertrieb auswirkt und wie man damit mehr Geld verdienen kann. Da bis heute der Einfluss des Internets auf Unternehmen, Märkte und die gesamte Gesellschaft noch zunimmt, sieht Olaf Birkner vor allem im Mittelstand großen Nachholbedarf, um auch in Zukunft marktfähig zu bleiben.
Olaf Birkner war Gastredner beim jährlichen Mentoren-Treffen am 6. März 2017 in Dersau und hielt einen hochinteressanten Vortrag über die digitale Vernetzung der Welt. Katharina Schoonejans hat ihn interviewt:

  1. Wie schnell werden die Veränderungen in der digitalen Welt voranschreiten?

Nun, die Veränderungen in unserer Welt werden durch die Digitalisierung weiterhin sehr schnell voranschreiten. Treibende Kraft ist hier immer noch die rasche Ausdehnung des Internets und der enorme Einfluss dieser Technologie auf Mensch und Gesellschaft. In den 80ern gab es enorme Veränderungen durch die Einführung der EDV, gefolgt von der E-Mail Anfang der 90er. Wir verzeichnen heute eine enorme, explosionsartige Ausdehnung der Möglichkeiten von Unternehmen mit Kunden in Verbindung zu treten, einen besseren Service zum Produkt anzubieten oder das Produkt selbst mit Hilfe einer erhöhten Vernetzung z.B. durch IOT (Internet of Things) zu verbessern. Darüber hinaus haben wir weitere sehr mächtige Technologien, die gerade erforscht werden, wie die Genforschung, die Nanotechnologie und die Robotik. Welche Wirkung diese Entwicklung auf unsere Gesellschaft haben wird, lässt sich ja gar nicht mehr einschätzen, vor allem, da sich diese Technologien alle miteinander kombinieren lassen.

  1. Was muss ein Unternehmer tun, um interaktive Netze schon jetzt optimal zu nutzen?

Die Unternehmen nutzen ja bereits Netze bzw. vernetzte Systeme. Das war auch schon in Zeiten des Drehscheibentelefons oder Faxgeräts so. Nun kommen neue, leistungsfähigere Systeme hinzu, mit denen die Unternehmen umgehen müssen. Die explosionsartige Verbreitung des Smartphones seit zehn Jahren bietet zum Beispiel Möglichkeiten, die von vielen Unternehmen bisher kaum erkannt, geschweige denn ausreichend genutzt wurden. Da sind viele Unternehmen, sogar Internet-Unternehmen, mit der hohen Geschwindigkeit überfordert und da gewinnen dann die Schnellen, die es schaffen, ihre Produkte und Vertriebsprozesse rasch mit den neuen Technologien auf einen neuen Standard zu bringen. Ein Unternehmen ist letztendlich immer gut damit beraten, Entscheider zu haben, die ihre Intuitionen und Erfahrungen in der digitalen Welt ausgebildet haben und diese Fachleute dann gemeinsam mit dem Management steuern zu lassen. Wenn diese Aufgabe von der Geschäftsführung aus umgesetzt wird und es gelingt, die Mitarbeiter für die Digitalisierung zu motivieren, wird das Unternehmen rasch sichtbare Erfolge erzielen, die dann auch von den Kunden honoriert werden.

  1. Welche Chancen und vielleicht auch Gefahren bringen in der Zukunft vernetzte Dinge, etwa Autos oder Produktionsmaschinen?

Das ist eine komplexe Frage. Zunächst hilft es, die einzelnen Veränderungen als Übergangskrisen zu begreifen. Da wird eine neue leistungsfähige Technologie in den Markt gebracht und dann dauert es halt, bis wir störungsfrei und verantwortungsbewusst damit umgehen können. Am Ende werden wir von einer höheren Leistung profitieren. Solange müssen wir eben mit gewissen Mängeln leben. Ein Problem ist in jedem Falle das Fehlen global geltender Gesetze zum Umgang mit Daten oder auch Währungen. Das wird im Zweifel noch viele Jahrzehnte dauern, bis sich die Gesetzgebung richtig auf die neuen Möglichkeiten eingestellt hat und global greift. Einige Übergänge werden wohl sehr lange dauern. Darin liegen Gefahren. Was die Chancen betrifft, sind diese Technologien zum Überleben vor dem Hintergrund einer wachsenden Bevölkerung und knapper Umweltressourcen wohl der unverzichtbare Schlüssel.

  1. Was sollte man bei einem Start-up oder einer firmeninternen Umstrukturierung in punkto digitale Möglichkeiten unbedingt beachten und welche Fehler muss man vermeiden?

Also ein Start-Up, auch in Form einer Konzernabteilung, sollte ein Produkt entwickeln, dass in der Gegenwart und der Zukunft erfolgreich ist. Es sollte ein Produkt für das Jahr 2020 bis 2030 bauen. Wie wird die Welt dann sein? Wenn wir mal zurück schauen: 2006 gab es keine APPs und kein I-Phone, jeder vierte Onliner hatte schon mal ein Video im Internet gesehen, die Hälfte der Haushalte hatte noch eine 128 Kbit ISDN Anbindung und große Rechenzentren hatten eine 100 Mbit Standleitung, die Tausende von Euro im Monat kostete. Facebook war da übrigens gerade mal drei Jahre alt. Heute haben wir über 100 Mbit auf dem Smartphone für ein paar Euro im Monat. Also die Kunst ist zu verstehen, in welcher Welt unser Produkt bzw. Startup überleben und gewinnen muss. Und dabei dürfen wir dann nicht vergessen mit den gegenwärtigen Kundenbedürfnissen resonanzfähig zu sein. Also was meiner Meinung nach immer gegeben sein muss, ist Kundenorientierung, von der Ideenphase bis zur Marktreifung, gepaart mit einer guten Einschätzung von Technologie und Wettbewerb. Wenn die immer gegeben wäre, würden wir wohl nicht so viele APPs von Konzernen sehen, die anscheinend für die Vergangenheit geplant wurden.

  1. Wieso orientieren sich viele Unternehmen gerade an erfolgreichen Start-Up Prozessen, z.B. Lean-Start-Up oder Design-Thinking, um mit der digitalen Innovation noch klar zu kommen?

Diese Methoden sind ja nicht neu. Ende der 90er Jahre haben wir bei freenet und Mobilcom nach all diesen Methoden gearbeitet. Deren Namen gab es jedoch nicht, oder wir kannten die Namen nicht. Aber die Methoden waren sehr erfolgreich. Zuerst wollten wir immer wissen, wie der Kunde auf unsere Ideen reagiert, das hat uns im Projekt dann die entscheidende Orientierung gegeben. Tatsächlich fehlt vielen Unternehmen, nicht nur tradierten sondern auch vielen Start-Ups, eine konsequente Kundenorientierung. LEAN bedeutet ja nicht nur effizient, sondern eben auch effektiv. Wer nicht konsequent vom Kunden aus startend in das eigene Unternehmen hinein arbeitet, der läuft Gefahr etwas zu entwickeln, dass der Markt dann gar nicht abnimmt. Und das ist dann eben auch nicht LEAN, egal wie sparsam man entwickelt hat, sondern eben leider an der Nachfrage vorbei. Also ich denke der Grund, warum sich die Unternehmen momentan so stark daran orientieren, liegt darin, dass diese Methoden von Top-Unternehmen konsequent eingesetzt werden und in Zeiten schnellen Wandels sehr zuverlässig Erfolge liefern.